Besser mal zum Augenarzt – Vorsorge hilft!

Informationsangebot
für Menschen, die sich um die Gesundheit ihrer eigenen Sehkraft informieren wollen

Sehen zu können, ist für viele Menschen die wichtigste Sinneseigenschaft. Doch zahlreiche Augenerkrankungen bedrohen diese Fähigkeit. Werden sie zu spät erkannt oder bleiben sie unbehandelt, kann das Sehvermögen leiden oder es kommt sogar zum vollständigen Sehverlust.

In den folgenden Beiträgen haben wir für Sie Informationen zu Sehproblemen und Augenkrankheiten zusammengestellt.
Sie finden hier die drei häufigsten Augenerkrankungen, ihre Symptome und die Möglichkeiten der Behandlungen.

Auch über neueste Meldungen rund um die Augengesundheit und interessante Informationen zum Schutz Ihres Augenlichtes finden Sie auf dieser Seite.

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Menschen Sehstörungen bewusst zu machen, die bereits der Anfang von ernsthaften Erkrankungen des Auges sein können.
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Anzeichen für Sehverlust erkennen –
Was Sie über die häufigsten Erblindungsursachen wissen sollten

Das Glaukom, umgangssprachlich auch „Grüner Star“ genannt, ist eine weit verbreitete und schwerwiegende Erkrankung des Auges.

AMD – Es wird zunehmend schwerer oder gar unmöglich, zu lesen, Gesichter zu erkennen oder eine Armbanduhr zu entziffern

Die Diabetische Retinopathie – Gefährliche Folgeerkrankung des Diabetes. Wenn der Diabetes das Augenlicht gefährdet


Auge goes Wacken – Unsere Kampagne erschließt sich neue Fans

Stiftung Auge und Wacken Foundation gründen Vorsorge-Partnerschaft für das größte Matal-Festival der Welt – Wacken 2025.
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Unsere Info-Broschüren für die meisten Augenkrankheiten im Überblick

Hier gelangen Sie zu unseren informativen Patientenbroschüren, die Sie sich als PDF-Dateien herunterladen können.


Implantate erleichtern Therapie bei AMD (altersabhängiger Makuladegeneration) – neue Darreichungsform für AMD-Medikament 

Eine AMD führt häufig zu Sehverlust, vor allem die sogenannte feuchte Form der Erkrankung. Glücklicherweise lässt diese sich gut mit Medikamenten behandeln und die Sehkraft erhalten, sofern sie rechtzeitig erkannt wird. Die Wirkstoffe werden bislang mit Spritzen direkt ins Auge injiziert. Das ist für viele Patientinnen und Patienten unangenehm, zudem müssen die Injektionen häufig wiederholt werden. Mit einem dauerhaften Implantat im Auge, das den Wirkstoff kontinuierlich abgibt, könnte sich dies ändern.  

Die altersabhängige Makuladegeneration (AMD) geht unbehandelt mit schweren Sehverlusten einher, besonders bei der feuchten Form. Dabei wachsen neue Blutgefäße in die Netzhaut im Bereich der Makula ein, was Blutungen, Schwellungen und Vernarbungen und somit auch einen Sehverlust nach sich zieht. Um dies zu verhindern, wird diese Form der AMD durch die Gabe von sogenannten VEGF-Inhibitoren behandelt. Der Medikamentenwirkstoff hemmt den Wachstumsfaktor, der zur Gefäßneubildung und zum Austritt von Flüssigkeit beiträgt. Bisher wurde der Wirkstoff immer durch Spritzen verabreicht, doch mit dem „Port Delivery System“ (PDS) steht eine neue Behandlungsmethode zur Verfügung.

Was ist das „Port Delivery System“ und wie funktioniert es?
Dabei handelt es sich um ein Implantat, welches chirurgisch dauerhaft mit Verankerung in der Augenhöhle eingesetzt wird. Dieses enthält ein nachfüllbares Reservoir, das man sich wie einen Behälter vorstellen kann, welcher den VEGF-Hemmer Ranibizumab kontinuierlich und exakt dosiert ins Innere des Augapfels und damit auch in die Makula abgibt. Durch die konstante Wirkstoffabgabe lassen sich sehr gute Behandlungserfolge erzielen und ein Sehverlust vermeiden. Nach frühestens sechs Monaten muss das Implantat neu aufgefüllt werden. Für die Patientinnen und Patienten stellt dies eine deutliche Erleichterung im Vergleich zur bisherigen Wirkstoffinjektion mit Spritzen dar. Das Spritzen verläuft normalerweise schmerzfrei, ist aber dennoch unangenehm für viele Erkrankte. Zudem ist es für viele Patientinnen und Patienten aufwändig, die häufige Wiederholung der Behandlung in den Alltag zu integrieren. Bisher werden VEGF-Hemmer für gewöhnlich alle vier bis alle zwölf Wochen injiziert. Die Abbruchquote bei dieser Therapie liegt laut der Fachgesellschaft EURETINA bei etwa 40 Prozent. Der Abbruch der Behandlung geht mit einer deutlichen Sehverschlechterung einher. Das PDS kann hier eine Erleichterung darstellen und das Sehvermögen schützen: Die Betroffenen müssen nicht mehr so häufig wie bei der Spritztherapie zum Augenarzt, weil das PDS den Wirkstoff automatisch ans Auge abgibt. Mehr als 90 Prozent der Patientinnen und Patienten, die mit beiden Methoden therapiert wurden, bevorzugen das PDS.   

Wie weit ist die Therapie entwickelt?
Das PDS befindet sich derzeit noch in der Entwicklung und wurde bereits erfolgreich in Phase-III-Studien getestet. Diese beschreibt eine von vier Phasen in klinischen Studien, in denen neue Therapien untersucht werden. In Phase III wird die Wirksamkeit und Sicherheit des Medikaments erprobt. Dabei handelt es sich fast immer um Vergleichsstudien. Das heißt, dass eine Gruppe von Personen das neue Medikament erhält und eine Kontrollgruppe eine andere, bereits bewährte Behandlung erhält. Verlief dies ohne größere Nebenwirkungen und war die neue untersuchte Therapie wirksam, folgt als nächster Schritt eine Marktfreigabe. Das PDS konnte in diesen Studien die Sehkraft genauso gut erhalten, wie die bisherige konventionelle Spritzentherapie. In Zukunft könnte das Implantat wohl auch mit anderen Wirkstoffen kombiniert werden und auch bei der Behandlung des diabetischen Makulaödems oder der diabetischen Netzhauterkrankung eingesetzt werden. 

Quellen:

Stiftung Auge, Pressemappe zur Pressekonferenz am 1. Juni 2022, Jun. 2022: https://stiftung-auge.de/files/2022/06/Pressemappe_PK_2022_Stiftung_Auge.pdf 

Adamis AP, de Juan E Jr. Development of the Port Delivery System with ranibizumab for neovascular age-related macular degeneration. Curr Opin Ophthalmol. 2022 Mar 9: https://journals.lww.com/co-ophthalmology/Fulltext/2022/05000/Development_of_the_Port_Delivery_System_with.2.aspx  

Holekamp NM, Campochiaro PA, Chang MA, Miller D, Pieramici D, Adamis AP, Brittain C, Evans E, Kaufman D, Maass KF, Patel S, Ranade S, Singh N, Barteselli G, Regillo C; all Archway Investigators. Archway Randomized Phase 3 Trial of the Port Delivery System with Ranibizumab for Neovascular Age-Related Macular Degeneration. Ophthalmology. 2022 Mar;129(3):295-307: https://www.aaojournal.org/article/S0161-6420(21)00734-X/fulltext 

Bundesministerium für Bildung und Forschung, Wie funktionieren klinische Studien?, Juli 2022: https://www.gesundheitsforschung-bmbf.de/de/wie-funktionieren-klinische-studien-6877.php 


Computer als neue Sprechstundenhilfe –
Künstliche Intelligenz (KI) hilft bei der Diagnostik von diabetischer Retinopathie

Wird eine diabetische Retinopathie nicht frühzeitig erkannt, kann sie zu einem dauerhaften Sehverlust führen. Deshalb ist es wichtig, dass die Erkrankung frühzeitig diagnostiziert wird, um eine Behandlung rechtzeitig einzuleiten und Sehverluste zu vermeiden. Gerade in Ländern mit niedrigem oder mittlerem Einkommen könnte KI effizient und kostensparend in der Diagnostik unterstützen. Aber auch in Deutschland könnte die neue Untersuchungsmethode eine Vereinfachung im ärztlichen Alltag darstellen.

Bei der diabetischen Retinopathie kommt es in Folge der stark erhöhten Blutzuckerwerte bei einer Diabetes-Erkrankung zur Schädigung der filigranen Blutgefäße in der Netzhaut, auch Retina genannt. Häufig kommt es dabei auch zum Austritt von Flüssigkeit in das angrenzende Gewebe, zu Schwellungen und Ablagerungen in der Netzhaut und schließlich zum Funktionsverlust der Sehzellen.

Die diabetische Retinopathie wird durch eine Untersuchung vom Augenarzt diagnostiziert. Im ersten Schritt der Diagnostik misst dieser die Sehstärke und untersucht mithilfe einer Augenspiegelung den Augenhintergrund. Wenn eine diabetische Retinopathie vorliegt, zeigen sich erste Veränderungen in der Netzhaut, auch wenn noch keine Symptome auftreten. Häufig ist es so, dass die Erkrankung im frühen Stadium noch nicht zu Sehstörungen führt und Betroffene dadurch nicht bemerken, dass sie unter einer diabetischen Retinopathie leiden. Viele Betroffene suchen leider erst einen Augenarzt auf, wenn die Erkrankung bereits fortgeschritten ist und Seheinschränkungen spürbar sind.

Wie kann KI als neue Untersuchungsmethode unterstützen?

Eine frühe Diagnose und Behandlung können jedoch vor Erblindung schützen. Daher ist es wichtig, regelmäßige Augenarzttermine wahrzunehmen – auch vor dem Auftreten einer Sehverschlechterung. Um in der frühen Diagnostik zu unterstützen und erste Anzeichen der Erkrankung zu erkennen, haben Forschende im Rahmen verschiedener Studien Fortschritte durch computergestütztes Screening von Netzhautfotografien erzielt. Die Krankheit ist insbesondere in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen ein häufiger Grund für Erblindung. Gerade dort könnte das Screening mit Künstlicher Intelligenz (KI) helfen, mehr Menschen Zugang zu einer schnelleren Diagnose zu ermöglichen.

Wie effizient ist die Methode im Vergleich zur Untersuchung durch Mitarbeitende?

Erprobt wurde dieses Verfahren beispielsweise schon in Thailand: Hier haben Wissenschaftler die Anwendbarkeit von KI zur Diagnose von diabetischer Retinopathie in der Praxis untersucht. In einer mehrjährigen Studie, die 2022 in der Fachzeitschrift The Lancet Digital Health erschien, werteten sie die Daten von mehr als 2000 Patientinnen und Patienten aus. Bei diesen Studienteilnehmenden mit bereits registriertem Diabetes fotografierten die Forscher den Augenhintergrund. Die KI wertete diese Fotografien dann auf Veränderungen in der Netzhaut hin aus. Außerdem sahen sich Retinaspezialisten zur Kontrolle jedes der Bilder an. Beim Vergleich der Diagnose-Genauigkeit von KI und ärztlichem Mitarbeiter schnitt die KI dabei insgesamt besser ab.

Geeignet für die Praxis?

Auch in Deutschland untersuchten Forscher einer diabetologischen Schwerpunktklinik ein 2018 auf dem Markt erschienenes KI-Screening-Verfahren auf seine diagnostische Genauigkeit hin. Dort stimmten die Diagnose der KI und der Augenärzte in mehr als 50 Prozent der Fälle überein, wobei die KI häufiger eine falsche Diagnose stellte, wenn keine Erkrankung vorhanden war. Zudem gab es hier noch relativ häufig Probleme bei der Fotografie der Netzhaut, weshalb keine guten Bilder für das Screening vorlagen. Da eine Unterdiagnostizierung den Autoren zufolge jedoch eher nicht zu befürchten ist, sei die Methode aber grundsätzlich geeignet für die Praxis. Sie könnte die Untersuchung vereinfachen und beschleunigen, wodurch möglicherweise mehr Risikopatienten Vorsorgeuntersuchungen wahrnehmen würden. Daher ist durchaus denkbar, dass KI zukünftig häufiger bei der Diagnostik eingesetzt wird.

Quellen:

The Lancet Digital Health, Artificial intelligence deployment in diabetic retinopathy: the last step of the translation continuum. Apr. 2022: https://www.thelancet.com/journals/landig/article/PIIS2589-7500(22)00027-9/fulltext?dgcid=raven_jbs_etoc_email

The Lancet Digital Health, Real-time diabetic retinopathy screening by deep learning in a multisite national screening programme: a prospective interventional cohort study. Apr. 2022: https://www.thelancet.com/journals/landig/article/PIIS2589-7500(22)00017-6/fulltext?dgcid=raven_jbs_etoc_email#seccestitle160  

Die Ophthalmologie, Einsatz von künstlicher Intelligenz im Screening auf diabetische Retinopathie an einer diabetologischen Schwerpunktklinik. Jan. 2022: https://www.springermedizin.de/diabetische-re


Grüner Star (Glaukom) bei Kindern

Glaukom bei Kindern und Jugendlichen

Die Erkrankung kommt zwar seltener vor als bei Erwachsenen, doch auch jüngere Menschen können an einem Glaukom erkranken. Statistisch gesehen ist in Deutschland eines von 10.000 Kindern davon betroffen. Erste Anzeichen können stark vergrößerte Augen, Lichtscheu oder Schwierigkeiten beim Lesen sein.

Das Glaukom, auch als „Grüner Star“ bekannt, beschreibt eine Augenerkrankung, bei der der Sehnerv geschädigt wird. Der häufigste Grund ist ein erhöhter Druck im Inneren des Auges. Dieser entsteht, wenn das sogenannte Kammerwasser nicht richtig aus dem Augeninneren abfließen kann. Die charakteristischen Schäden am Sehnerv können aber auch bei einem normalen Augeninnendruck entstehen. Obwohl die Erkrankung vor allem bei älteren Menschen vorkommt, kann sie in seltenen Fällen auch Kinder und Jugendliche treffen. Die Betroffenen werden je nach Alter in unterschiedliche Gruppen eingeteilt. Erkranken Kinder vor dem zweiten Lebensjahr, sprechen Fachleute von einem kongenitalen, das heißt angeborenen, Glaukom. Tritt der Grüne Star im Alter zwischen 2 und 18 Jahren auf, wird er als juveniles Glaukom und im Alter von 18 bis 40 Jahre als spätjuvenil bezeichnet.

Wie oft tritt das Glaukom bei jüngeren Patienten auf?

In Deutschland wird eines von 10.000 Babys mit einem Grünen Star geboren. Das ist ein Ergebnis der groß angelegten Gutenberg-Gesundheitsstudie aus Mainz. Vor allem aufgrund seiner Seltenheit bei jüngeren Patienten wird der Grüne Star jedoch häufig nicht direkt erkannt. Ein Grund: Babys und Kleinkinder können noch nicht richtig mögliche Beschwerden wie eine Sehverschlechterung angeben. Doch gerade bei ihnen ist es besonders wichtig, einen Sehverlust zu verhindern, auch um Einschränkungen in der Entwicklung und Behinderung über das gesamte Leben zu vermeiden.

Wer hat ein erhöhtes Risiko für eine Glaukom-Erkrankung im jungen Alter?

Kinder, deren Eltern bereits an einem Glaukom erkrankt sind, haben ein erhöhtes Risiko. Das gleiche gilt für Kinder mit Augenerkrankungen wie Linsentrübungen oder anderen Augenerkrankungen wie Entzündungen. Auch wenn die Eltern in einem engen Verwandtschaftsgrad zueinander stehen, erhöht dies das Glaukom-Risiko.

Was sind erste Anzeichen für ein Glaukom bei Kindern?

Ein häufiges Merkmal für ein Glaukom bei Kindern sind auffällig große Augen. Da die Lederhaut des kindlichen Auges noch deutlich weicher ist, vergrößert und dehnt sich das Auge bei erhöhtem Augeninnendruck stärker als bei Erwachsenen. Ein Besuch beim Augenarzt ist auch dann angebracht, wenn das Kind sehr lichtscheu ist, stark blinzelt, häufig tränende Augen hat oder die Augen auffällig wachsen. Wenn die Krankheit bereits fortgeschritten ist, zeigt sich eine Eintrübung der Augenhornhaut. Dann ist allerdings oft ein unumkehrbarer Sehverlust eingetreten. Nicht selten fällt dies erst im Grundschulalter auf und wird zunächst fälschlicherweise als Leseschwäche gedeutet.

Wie behandelt man ein Glaukom bei Kindern?

Kinder und Eltern müssen vor den Untersuchungen beim Augenarzt keine Angst haben. Die Untersuchungen sind komplett schmerzfrei. Nach der Diagnose ist die Tropftherapie zur Minderung des Augeninnendrucks eine gängige Behandlungsmethode. Dabei tropft man Wirkstoffe in das Auge, die den erhöhten Druck im Augeninneren absenken. Zu den verwendeten Medikamenten zählen vor allem Beta-Blocker und Prostaglandine oder Karboanhydrase-Hemmer. Bei Kindern wird diese Behandlungsmethode jedoch nur vorübergehend angewandt. Eine wirksame Augeninnendrucksenkung ist durch eine Operation möglich. Dabei werden die Wege, durch die das Kammerwasser aus dem Auge abfließen kann, chirurgisch erweitert. So kann das Kammerwasser richtig abfließen und der Augeninnendruck sinkt dauerhaft. Diese Operation bezeichnet man als Trabekulektomie.

Eine neuere Operationsmethode ist die 360-Grad-Trabekulotomie. Diese wird bislang nur von wenigen Spezialisten ausgeführt, ist jedoch langfristig besonders erfolgversprechend. Das Deutsche Kinder-Glaukomzentrum Mainz ist hier eine gute Anlaufstelle. Zuvor sollte ein niedergelassener Augenarzt die Erkrankung jedoch eindeutig diagnostizieren.

Quellen:

Stiftung Auge, Pressemappe zur Pressekonferenz am 1. Juni 2022, Jun. 2022: https://stiftung-auge.de/files/2022/06/Pressemappe_PK_2022_Stiftung_Auge.pdf

Marx-Gross S, Laubert-Reh D, Schneider A, Höhn R, Mirshahi A, Münzel T, Wild PS, Beutel ME, Blettner M, Pfeiffer N. Prävalenz des Glaukoms bei jungen Menschen. Deutsches Ärzteblatt. 2017; 114: 204-10: https://www.aerzteblatt.de/app/print.asp?id=187198


Ausgrenzung, Ängste und Depressionen – Psychosoziale Folgen des Schielens werden unterschätzt

Statistisch gesehen findet sich in jeder Schulklasse ein Kind, das schielt. Schielen hat jedoch nicht nur organische Auswirkungen, sondern bedeutet für die Betroffenen meist auch immensen psychosozialen Leidensdruck. Warum Schiel-Operationen so wichtig sind und wann der richtige Zeitpunkt für eine Korrektur der Fehlstellung ist, berichtet Professor Dr. med. Bettina Wabbels auf der Pressekonferenz bei der DOG 2024.

Etwa vier Prozent der Bevölkerung in Deutschland schielen. Mitunter beginnen Menschen erst im Erwachsenenalter zu schielen – etwa aufgrund eines Schlaganfalls, eines Unfalls oder einer Schilddrüsenerkrankung. „Aber das ist eher selten, die meisten Schielformen beginnen im Kindesalter“, erläutert Professor Dr. med. Bettina Wabbels, Leiterin der Orthoptik, Neuro- und pädiatrische Ophthalmologie an der Universitäts-Augenklinik Bonn. Schätzungsweise jedes 25. Kind schielt. „Man findet im Prinzip in jeder Klasse ein betroffenes Kind“, so Wabbels.

Beim Schielen, auch Strabismus genannt, weicht ein Auge von der Blickachse des anderen Auges ab. Das kann Doppeltsehen, verringertes räumliches Sehen oder Kopfschmerzen, bei Kindern auch einen einseitigen Sehverlust auslösen. „Mindestens genauso gravierend sind jedoch die psychosozialen Folgen“, betont die DOG-Expertin. Studien belegen: Schielende Menschen werden von ihrer Umwelt als weniger intelligent, sympathisch, attraktiv und fleißig wahrgenommen, wodurch es zu Benachteiligungen im Alltag, Schule und Beruf sowie bei der Partnerwahl und folglich auch zu einer verringerten Lebensqualität kommen kann.

Das schafft seelischen Leidensdruck. „Schielen kann bei Kindern und Erwachsenen zu Scham, Vermeidungsverhalten, sozialem Rückzug oder mentalen Problemen führen“, berichtet Bettina Wabbels. „Diese Aspekte des Schielens werden bisher unterschätzt, obwohl sie für die Schielenden extrem bedeutsam sind“, betont die Bonner Augenärztin. Insbesondere im Blickkontakt seien schielende Menschen häufig verunsichert. „Betroffene berichten, dass sie in der zwischenmenschlichen Kommunikation Schwierigkeiten haben; dass sie sogar beschuldigt werden, unehrlich oder unaufmerksam zu sein und nicht zuzuhören, da ihr Blick abschweife“, so Wabbels. Einige Betroffene versuchten, das Schielen durch Frisuren oder Kopfhaltungen zu kaschieren oder sehen ihrem Gegenüber gar nicht erst in die Augen, was die Interaktionsprobleme eher noch verstärke. Der Tipp der DOG-Expertin: „Schauen Sie auf die Nasenwurzel Ihres Gegenübers.“

Eine Schiel-Operation bietet Abhilfe – sie bessert nicht nur das Zusammenspiel beider Augen, sondern auch die psychosoziale Situation, indem sie zu größerer sozialer Akzeptanz und Attraktivität verhilft. Einen positiven Einfluss von Schiel-Operationen auf die Lebensqualität konnte die Universitäts-Augenklinik Bonn bereits in einer Pilotstudie belegen. „Nach der Schiel-Operation sanken die Symptome von Ängsten und Depressionen unter die Schwelle der Behandlungsbedürftigkeit“, resümiert Wabbels. „Viele äußerten sich extrem dankbar, dass sie diese belastenden Probleme endlich offen thematisieren konnten – sie sagten vielfach, dass das Schielen ihr ganzes Leben beeinträchtigt hätte.“

Jetzt sollen diese Faktoren erstmals in einer großen Multicenterstudie („QUALITAS – Quality of live after strabismus surgery“) unter Leitung der Universitäts-Augenklinik Bonn über die Dauer von sechs Jahren an mehr als 1000 erwachsenen Schielpatientinnen und -patienten untersucht werden. „Wir wollen unter anderem den Einfluss von Schiel-Operatonen auf Lebensqualität und mentale Gesundheit messen“, so Wabbels. Zugleich biete die Identifikation von Patientinnen und Patienten mit depressiven Symptomen und Ängsten die Möglichkeit, die Betroffenen an geeignete Behandlungsmöglichkeiten weiterzuleiten.

Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund sei es wichtig, Schiel-Operationen auch in Zukunft ausreichend zu finanzieren. Der richtige Zeitpunkt, ein Kind zu operieren, liegt meist zwischen dem vierten und sechsten Lebensjahr. „Kinder können erst ab dem Vorschulalter erkennen, dass ein anderes Kind schielt“, sagt Wabbels. Es gäbe zwar keine Studien zur Häufigkeit des Mobbings unter Kindern. „Aber das Hänseln beginnt meist im Grundschulalter“, sagt die Augenärztin. Vor Schuleintritt sollte die Fehlstellung idealerweise korrigiert sein.


Manche merken nicht, dass sie fahruntauglich sind – Sehvermögen im Straßenverkehr

Gutes Sehvermögen ist Voraussetzung für die aktive Teilnahme am Straßenverkehr. „Aktuelle Studien zeigen jedoch, dass ein Teil der Autofahrenden nicht merkt, dass sie seitens des Sehvermögens de facto fahruntauglich sind“, erklärt Professor Dr. med. Frank Tost von der DOG – Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft. Die Fachgesellschaft rät auch deshalb zu regelmäßigen Augenuntersuchungen ab dem 60. Lebensjahr sowie altersunabhängig zu ärztlichen Konsultationen bei merkbaren Veränderungen der Sehfähigkeit. Über Hintergründe berichtete der DOG-Experte auf der Pressekonferenz bei der DOG 2024.

Die EU hat vorgeschlagen, dass Senior*innen ab 70 Jahren alle fünf Jahre ihre Fahrtauglichkeit – und damit auch ihr Sehvermögen überprüfen lassen. In vielen Mitgliedsstaaten gibt es bereits Vorgaben für verpflichtende Gesundheitschecks für ältere Autofahrende, in Deutschland bislang nicht. Die Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) schreibt lediglich einen Sehtest im Zusammenhang mit der Führerscheinprüfung vor. „Es liegt danach in der Selbstverantwortung eines jeden Verkehrsteilnehmenden, eine augenärztliche Beratung in Anspruch zu nehmen und erforderlichenfalls die Überprüfung der Fahrtauglichkeit im Rahmen einer medizinischen Begutachtung zu beauftragen“, betont Tost von der Klinik und Poliklinik für Augenheilkunde an der Universitätsmedizin Greifswald.

Mit der Selbsteinschätzung ihrer Sehfähigkeit hat allerdings ein Teil der Autofahrer*innen Probleme. Das zeigt eine Studie (1) der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) mit 377 Personen: Während bei der Befragung 99,2 Prozent ihre Sehfähigkeit selbst als eher gut bis sehr gut einschätzten, fielen 16,4 Prozent beim Sehtest mit einer tatsächlichen Sehschärfe unter 0,7 durch. „Sie dürften so gar nicht mehr ohne weiteres am Steuer sitzen“, erläutert Tost. Auch bei einem Pilotprojekt der Polizei in Niedersachsen, das unter augenärztlicher Beratung der Medizinischen Hochschule Hannover durchgeführt wurde, musste bei mehreren Verkehrsteilnehmenden eine ärztliche Überprüfung der Fahrtauglichkeit veranlasst werden oder sogar einzelnen Fahrzeugführenden die Weiterfahrt untersagt werden. (2) Aus Sicht des DOG-Experten ist es deshalb wichtig, Warnsignale häufiger Augenerkrankungen zu erkennen und einen augenärztlichen Beratungstermin zu vereinbaren. „Ein typisches Anzeichen etwa für den Grauen Star sind Störungen des Dämmerungssehens und erhöhte Blendempfindlichkeit“, erklärt Tost. „Betroffene fühlen sich bei Nachtfahrten zunehmend unsicher, sie fahren langsamer, sind schnell geblendet durch entgegenkommende Fahrzeuge oder bremsen zu spät, weil sie Stoppschilder nicht erkennen.“ Mit höherem Lebensalter verschlechtert sich die Nachtsehfähigkeit zunehmend.

Gleichfalls steigt mit dem Alter auch das Risiko für den Grünen Star, an dem acht Prozent der über 75-Jährigen erkranken. (3) Die Augenerkrankung ist tückisch: Verkehrszeichen, andere Fahrzeuge, Fußgänger und Radfahrende verschwinden komplett aus dem Blickfeld und tauchen plötzlich wie aus dem Nichts auf. „Das Risiko von Unfällen mit lebensgefährlichem Ausgang steigt beim Glaukom immens an“, bemerkt Tost. „Deshalb raten wir zu regelmäßigen augenärztlichen Untersuchungen mindestens ab dem 60. Lebensjahr.“

Die Angst, gleich den Führerschein zu verlieren, ist häufig unbegründet. Denn in vielen Fällen lässt sich mit Sehhilfen, einer Operation oder Verhaltensweisen Abhilfe schaffen. „Beim Grauen Star etwa kann das die Empfehlung sein, auf Nachtfahrten nach Sonnenuntergang zu verzichten oder sich einem Linsentausch zu unterziehen“, erklärt Tost. In Grenzfällen raten die Augenärzt*innen zu einer Tauglichkeitsprüfung, deren Kosten in Höhe von 80 bis 100 Euro privat übernommen werden müssen. „In jedem Fall sollten Betroffene es ansprechen, wenn sich am Fahrverhalten etwas verändert hat“, rät Tost.

Klare Vorgaben existieren nach dem Verlust des Sehvermögens auf einem Auge oder bei neu aufgetretenen Doppelbildern etwa in Folge eines Schlaganfalls, Bluthochdrucks oder bei Schilddrüsenerkrankungen. „Dann muss das Kfz gemäß FeV zunächst für mindestens drei Monate stehen gelassen werden“, erklärt Tost. „Erst nach augenärztlicher Untersuchung und Beratung darf man wieder ans Steuer.“


Wenn es plötzlich schwarz wird – Wie Bluthochdruck das Augenlicht zerstören kann

Bluthochdruck kann auch die Gefäße am Auge schädigen. Mit welchen Sehstörungen sich ein Gefäßverschluss bemerkbar macht, was bei einem Schlaganfall im Auge zu tun ist und wie man Durchblutungsstörungen rechtzeitig erkennt und vorbeugt, erläutert Professor Dr. med. Sandra Liakopoulos von der DOG anlässlich des Welthypertonietages 2024. Die DOG-Expertin gibt zudem einen Ausblick auf die faszinierenden Erkenntnisse, die Künstliche Intelligenz aus einer einfachen Augenhintergrunduntersuchung ableitet.

Ein hoher Blutdruck greift nicht nur die Gefäße am Herzen oder in den Beinen an, sondern schädigt auch Arterien und Venen in den Augen und mitunter stellen Augenärztin oder Augenarzt eine Hypertonie fest, noch bevor Betroffene davon wissen. „Dafür genügt eine einfache Untersuchung des Augenhintergrundes mit Spaltlampe und Lupe“, erklärt Professor Dr. med. Sandra Liakopoulos, die an der Universitätsaugenklinik in Frankfurt am Main tätig ist und das Zentrum Bildanalyse für klinische Studien an der Universitätsklinik Köln leitet. „Liegt ein Bluthochdruck vor, erscheinen die Gefäße der Netzhaut enger, rigider, sie verhärten sich“, erläutert die DOG-Expertin.

Sehsturz kann zur Erblindung führen
Auch wenn das zunächst keine Schmerzen verursacht, muss der Bluthochdruck behandelt werden. Sonst drohen Veränderungen an den Gefäßen, der Netzhaut oder dem Sehnerv, in fortgeschritteneren Fällen sogar Blutungen und Infarkte. „Ein solcher Sehsturz, bei dem ein Blutgerinnsel ein Augengefäß verschließt, ist besonders bedrohlich und immer ein Notfall“, betont Liakopoulos. „Denn der Gefäßverschluss unterbricht die Sauerstoffversorgung der Netzhaut, was zum Absterben von Sehzellen und damit zur Erblindung führen kann.“ Während Verschlüsse von Arterien im Auge selten sind, kommen Venenverschlüsse sehr viel häufiger vor.

Schlagartig Nacht auf einem Auge
Dabei treten unterschiedliche Symptome auf. „Bei einem Venenverschluss sieht der Betroffene auf einem Auge zunehmend verschwommen, oft wie durch einen grauen Schleier“, erklärt die DOGExpertin. Der arterielle Verschluss macht sich dagegen schlagartig bemerkbar. „Dann wird es auf einem Auge von einem Moment auf den anderen schwarz, oft legt sich ein Schatten auf das gesamte Blickfeld“, beschreibt die Expertin. Unbehandelt führt ein arteriell bedingter Augeninfarkt in rund 95 Prozent der Fälle zu einem schweren und dauerhaften Sehverlust im betroffenen Auge.

Zweiten Infarkt verhindern
Wer plötzlich auf einem Auge nichts mehr sieht, sollte deshalb sofort ein Krankenhaus aufsuchen, das über Augenklinik und Neurologie verfügt. „Dieses Symptom muss man sehr ernst nehmen, weil ein Infarkt am Auge das Risiko für einen nachfolgenden Hirninfarkt um das 15-fache erhöht“, betont Liakopoulos. Ärztinnen und Ärzte untersuchen deshalb Halsschlagadern und Herz, und sie prüfen, ob die Autoimmunerkrankung Riesenzellarteriitis vorliegt. „Um das zweite Auge vor einem Infarkt zu schützen oder gar einen Hirn- oder Herzinfarkt zu verhindern, wird außerdem die tägliche Einnahme von blutverdünnenden Medikamenten verordnet“, so Liakopoulos.

Lysetherapie am Auge wird erprobt
Auch wenn bei einem arteriellen Verschluss meist Sehkraft unwiederbringlich verloren geht, kann in den ersten 4,5 Stunden eine Lysetherapie erwogen werden, um den Blutfluss im betroffenen Gefäß wieder herzustellen und Sehkraft zu retten. „Wie gut das intravenös verabreichte Lyse-Medikament auf das Blutgerinnsel im Auge wirkt, wird derzeit in einer großen Studie mit 30 Zentren in ganz Deutschland untersucht“, berichtet die DOG-Expertin.

Injektionen und Laser
Kommt es zum Verschluss eines venösen Gefäßes am Auge, ist ebenfalls Dringlichkeit angesagt. „Wer auf einem Auge zunehmend verschwommen sieht, sollte unverzüglich eine Augenärztin oder einen Augenarzt aufsuchen“, rät Liakopoulos. Ist tatsächlich eine Vene verstopft, stehen verschiedene Therapien zur Verfügung, um die Sehkraft wieder zu verbessern. „Hat sich etwa Wasser in der Makula eingelagert, dem zentralen Punkt für die Sehschärfe, können Anti-VEGFInjektionen die undichten Gefäße wieder verschließen“, erläutert die Augenärztin. Ein Lasereingriff kann erforderlich werden, um zu vermeiden, dass sich in nicht durchbluteten Netzhautarealen neue, schädliche Gefäße bilden.

Risikofaktoren meiden
Wer sein Augenlicht schützen will, ist daher gut beraten, Risikofaktoren für Gefäßverschlüsse zu minimieren. „Dazu zählen Erkrankungen wie Bluthochdruck, erhöhte Blutfettwerte oder Diabetes mellitus, die gut behandelt sein sollten“, sagt Liakopoulos. Auch der Lebensstil trägt dazu bei, Infarkte und Thrombosen zu vermeiden. „Rauchen, regelmäßiger Alkoholkonsum, ungesunde Ernährungsweise, mangelnde Bewegung und ungenügende Flüssigkeitszufuhr begünstigen Gefäßverschlüsse“, erklärt Liakopoulos. Menschen mit Risikofaktoren sollten den Augenhintergrund mindestens alle zwei Jahre untersuchen lassen.

Bluthochdruck, Geschlecht, Alter – was KI alles erkennt
Hier eröffnet die Künstliche Intelligenz (KI) große Chancen. „Es ist faszinierend, was die KI an einer Aufnahme des Augenhintergrunds alles errechnen kann“, sagt Liakopoulos. Nicht nur Gefäßveränderungen, Bluthochdruck und das Risiko für Herzkreislauferkrankungen würden von den Algorithmen erkannt. „Die KI kann sogar das Geschlecht mit einer Zuverlässigkeit von 97 Prozent und das Lebensalter auf drei Jahre genau bestimmen“, so die DOG-Expertin. In Zukunft könnte KI beim Screening allgemeiner Erkrankungen daher eine große Rolle spielen.


Ausgewogene Ernährung kann das Sehvermögen stärken

Eine gute Nährstoffversorgung kommt auch der Augengesundheit zugute: Sie kann das Fortschreiten der altersabhängigen Makuladegeneration (AMD), der diabetischen Retinopathie, des Grünen Stars oder auch des trockenen Auges positiv beeinflussen, eventuell sogar verlangsamen. Darauf weist Professor Dr. med. Andreea Gamulescu von der DOG hin. Die Leitende Oberärztin der Klinik und Poliklinik für Augenheilkunde am Universitätsklinikum Regensburg erklärt die Hintergründe.

Für die Augengesundheit empfiehlt Andreea Gamulescu eine ausgewogene, mediterrane Ernährung. „Auf dem Teller sollte eine möglichst bunte Farbpalette an rotem, gelbem und grünem Gemüse sowie Obst dominieren“, erläutert sie. „Auch fettreicher Fisch, Olivenöl sowie Verzicht auf übermäßig viel rotes Fleisch und Milchprodukte sind zu empfehlen.“ Auf diese Weise werde eine gute Basis für eine ausreichende Nährstoffversorgung geschaffen. „Zwar kann man mit einer ausgewogenen Ernährung Augenerkrankungen weder komplett verhindern noch heilen“, betont Gamulescu. „Aber man kann das Fortschreiten von chronischen Erkrankungen wie der AMD, der diabetischen Retinopathie, dem Glaukom oder dem trockenen Auge positiv beeinflussen.“

Zusammenhang zwischen Ernährung und Schwere der Erkrankung
Hinweise auf einen günstigen Effekt einer guten Nährstoffversorgung kommen aus der Sammlung von Daten mehrerer großer bevölkerungsbasierter Erhebungen. „Sie konnten einen Zusammenhang zwischen den Ernährungsgewohnheiten und der Häufigkeit und Schwere verschiedener Augenkrankheiten wie AMD, Glaukom, Grauem Star und trockenem Auge aufzeigen“, erläutert die DOG-Expertin. 1-4 Welche einzelnen Komponenten in der Ernährung konkret welche Wirkung auf die Augen entfalten, sei jedoch in Studien schwierig nachzuweisen. „Dazu gibt es nur wenig gesichertes Wissen“, sagt Gamulescu. Eine der fundierten Studien ist die „Age-Related Eye Disease Study“ (kurz: AREDS). 1 Sie konnte zeigen, dass die Einnahme von bestimmten Nahrungsergänzungsmitteln bei einer kleinen Untergruppe von Patientinnen und Patienten mit AMD das Risiko des Fortschreitens der Erkrankung reduzierte.

Nährstoffe unterstützen Reparaturvorgänge am Auge
Sicher ist indes, dass die Nährstoffe eine Wirkung auf die Sehfunktionen entfalten. So bilden die Karotinoide Lutein und Zeaxanthin das Makulapigment, das zum Lichtschutz der Zellen sowie der Sehfunktion im Dunkeln beiträgt und deshalb für den Sehprozess von großer Bedeutung ist. „Es ist wichtig, Karotinoide durch den Verzehr von Obst und grünblättrigem Gemüse aufzunehmen, da unser Körper sie nicht selbst herstellen kann“, betont Gamulescu. Weitere wichtige AugenNährstoffe sind die Vitamine A, C und E, die Vitamine B und Folsäure, Omega-3-Fettsäuren und Mineralstoffe. Dazu gehört insbesondere Zink, aber auch weitere Mikronährstoffe wie Selen, Curcumin und Resveratrol. „Auch sie übernehmen zellschützende Funktionen, sind wichtig für den Sehzyklus und unterstützen Reparatur- oder Regenerationsvorgänge am Auge“, erklärt Gamulescu.

Rauchen und Bewegungsmangel fördern AMD
Weitere wichtige Faktoren, die die Augengesundheit beeinflussen, sind körperliche Aktivität und das Rauchen. „Wir wissen, dass Personen, die nicht rauchten, sich gesund ernährten und zusätzlich körperlich aktiv waren, ein deutlich vermindertes Risiko für die Entstehung einer AMD hatten“, berichtet Gamulescu. Allerdings spielen bei der Entstehung und dem Fortschreiten von Augenerkrankungen auch andere, nicht veränderbare Faktoren wie zum Beispiel das Alter der Person und die genetische Veranlagung eine wichtige Rolle.

Nahrungsergänzungsmittel helfen nur bedingt
Von der pauschalen Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln rät die Regensburger Augenexpertin ab. „Die Datenlage dazu ist noch relativ unklar, vielversprechende Ansätze und Ergebnisse aus Laboruntersuchungen und Tierexperimenten lassen sich nicht unbedingt auf den Menschen übertragen“, betont Gamulescu. Darüber hinaus fehlen einheitliche wissenschaftliche Belege. „Wer ausgewogen isst, auf Rauchen verzichtet und sich moderat bewegt, tut seiner Augengesundheit bereits viel Gutes“, lautet der Rat der Augenärztin.


Frühe Sonnenschäden zählen doppelt schwer –
Warum UV-Schutz für Kinderaugen besonders wichtig ist

Die Augen von Kindern sind durch Sonnenstrahlen besonders gefährdet. Ihre klaren Linsen lassen UV-Strahlung noch ungefiltert auf die Netzhaut treffen, und eine Sonnenbelastung in jungen Jahren gilt als extrem starker Risikofaktor, später weißen und schwarzen Hautkrebs unter anderem an den Augenlidern zu entwickeln. Warum Eltern bei ihrem Nachwuchs deshalb gewissenhaft auf den Sonnenschutz achten sollten und welche Maßnahmen sinnvoll sind, erklären Experten der DOG.

Bis zum 20. Lebensjahr sind die Linsen des menschlichen Auges sehr klar, noch ungetrübt. „Das macht es UV-Strahlen leicht, fast ungefiltert ins Auge einzudringen und dort Langzeitschäden hervorzurufen“, erläutert Professor Dr. med. Vinodh Kakkassery, Chefarzt der Augenklinik am Klinikum Chemnitz. Zum Vergleich: Im ersten Lebensjahr erreichen 90 Prozent der UVA- und über 50 Prozent der UVB-Strahlen die Netzhaut, zwischen 10 und 13 Jahren noch 60 und 25 Prozent. „Erst mit 18 bis 20 Jahren werden UV-Strahlen fast vollständig von der Linse aufgehalten“, betont Professor Dr. med. Dr. phil. Ludwig M. Heindl vom Zentrum für Augenheilkunde am Universitätsklinikum Köln. Die beiden Augenärzte sind Delegierte der DOG und des Berufsverbandes der Augenärzte Deutschlands e.V. im UVSchutzbündnis, einer Initiative zur Prävention UV-bedingter Erkrankungen.

Langfristige Schäden an Linse und Makula
Somit kann UV-Strahlung bei Kindern besonders leicht photochemische Schäden an Proteinen der Augenlinse auslösen, die deren Eintrübung und damit die Entstehung des Grauen Stars fördern. „Es handelt sich dabei um einen kumulativen Prozess, der Jahrzehnte benötigt, bis er zu Seheinschränkungen führt“, betont Kakkassery. „Dennoch steigert intensive Sonneneinstrahlung bei Kinderaugen das Risiko, frühzeitig an einer Katarakt zu erkranken.“ UV-Exposition begünstigt generell Alterungsprozesse im Auge – darunter möglicherweise auch Spätschäden an der Netzhaut samt Makula, dem Punkt des schärfsten Sehens. „UV-Licht steht unter Verdacht, durch oxidativen Stress zum Untergang von Netzhautzellen beizutragen“, so Heindl. In der Folge kann sich eine altersabhängige Makuladegeneration (AMD) entwickeln, die häufigste Erblindungsursache in Industrienationen.

40 Jahre später wächst Hautkrebs
Weil UV-Strahlen auch die Hautzellen genetisch verändern, fördert zu viel Sonne darüber hinaus das Entstehen gutartiger und bösartiger Tumoren an Augenlidern oder Bindehaut. „Kindheit und Jugend spielen dabei wieder eine entscheidende Rolle“, so Kakkassery. „Denn wir wissen mittlerweile, dass die Schadensbelastung, die man in frühen Lebensjahren sammelt, die Hauptursache ist, wenn sich später weißer und insbesondere schwarzer Hautkrebs entwickelt“, sagt der Chemnitzer DOG-Experte. Fachleute gehen von einer 40-jährigen Entwicklungszeit aus. Dabei nehmen in Deutschland die Basaliom- und Melanomfälle jährlich um fünf Prozent zu – vermutlich, weil die UV-Strahlenbelastung steigt. „In Australien, wo eine besonders hohe UV-Belastung herrscht, ist jeder Zweite mit dem 70. Lebensjahr zumindest einmal im Leben von weißem Hautkrebs betroffen gewesen“, berichtet Kakkassery. „Auch die Fälle von schwarzem Hautkrebs haben deutlich zugenommen.“

Ab UV-Index 3: Sonnenhut und gut abdeckende Sonnenbrille
Eltern sind daher gut beraten, auf ausreichenden Sonnenschutz beim Nachwuchs zu achten. „Eine Orientierung bietet der UV-Index, den viele Apps auf dem Handy anzeigen“, meint Heindl. Dabei gilt: Ab UV-Index 3 sollten Maßnahmen ergriffen werden. „Kinder tragen dann am besten einen Sonnenhut und eine Sonnenbrille“, rät der Kölner Augenarzt. Befindet man sich nicht gerade in den Bergen, genügt eine EUzertifizierte Brille mit CE-Zeichen, die vor UV-Strahlen bis zu einer Wellenlänge von 380 Nanometern schützt. „Sofern die Brille Augen und Seiten gut abdeckt, verhindert sie Verbrennungen am Auge, auf der Hornhaut oder Netzhaut“, betont der DOG-Experte.

Bei praller Sonne in den Schatten oder ins Haus
In den zwei Stunden vor und nach Sonnenhöchststand sollten Kinder und Jugendliche die direkte Sonne meiden und sich im Schatten aufhalten. „Bewegt sich der UV-Index auf acht zu, ist es besser, wenn Kinder während dieser Hauptsonnenzeit zuhause bleiben“, so Heindl. „Sie sollten dennoch regelmäßig ins Freie gehen, um die Entwicklung einer Kurzsichtigkeit möglichst zu verhindern – bei hohem UV-Index dann nur nachmittags und in den Schatten, geschützt durch Sonnenhut und Sonnenbrille“, so Kakkassery. Den Nachwuchs über den Zweck des UV-Schutzes kindgerecht aufzuklären, sei sehr hilfreich.

Sonnenbrille bei Bewölkung? Es kommt auf den UV-Index an
Was die Sonnenschutzcreme betrifft, ist beim Auftragen auf Ober- und Unterlid Vorsicht angebracht. „Die Creme sollte nicht mit Bindehaut oder Hornhaut in Berührung kommen“, warnt Heindl. Im Zweifel sei eine Sonnenbrille ausreichend. In diesem Zusammenhang räumen beide Experten auch mit einem Missverständnis auf: „Ob man bei Bewölkung eine Sonnenbrille tragen sollte, hängt nicht von den Wolken, sondern vom UV-Index ab – ab Index 4 ist es angezeigt.“ Aber Vorsicht: Eine Sonnenbrille kann das Kind auf dem Roller oder Fahrrad durch die verminderte Sicht in Gefahr bringen.


Augenverletzungen durch Feuerwerk – Eltern sollten Kinder dringend vor den Gefahren warnen

Die DOG erwartet zum Sylvesterfeuerwerk erneut Hunderte von schweren Augenverletzungen. Die Fachgesellschaft rät zu Vorsichtsmaßnahmen und fordert verstärkte Aufklärung, um die hohen Opferzahlen zu senken. Beim Jahreswechsel 2023/24 hatte es laut der jährlichen DOG-Umfrage 781 feuerwerksbedingte Augenverletzungen gegeben.

Seit 2016/2017 führt die DOG zu Silvester eine Umfrage an allen notdienstleistenden deutschen Augenkliniken durch, um die Zahl der Augenverletzungen durch Feuerwerkskörper zu ermitteln. Wie die Umfrage 2023/2024 zeigt, mussten die Kliniken in den fünf Tagen um Silvester insgesamt 781 Personen mit feuerwerksbedingten Augenverletzungen behandeln. „Wir haben uns damit auf einem deutlich höheren Verletzungsniveau eingependelt als in der Vor-Covid-Zeit“, konstatiert Professor Dr. med. Ameli Gabel-Pfisterer. „Wir fürchten, daran wird sich am kommenden Jahreswechsel nichts ändern“, sagt die Leitende Oberärztin für Augenheilkunde am Klinikum Ernst von Bergmann in Potsdam. Vor der Pandemie ereigneten sich um Silvester jährlich etwa 500 Augenverletzungen.

40 Prozent der Verletzten sind Kinder und Jugendliche
Wie in den Vorjahren auch, handelte es sich 2023/2024 bei rund 60 Prozent der Betroffenen um Unbeteiligte, die das Feuerwerk gar nicht selbst gezündet hatten. „Diese Betroffenen waren einfach nur zur falschen Zeit am falschen Ort und wurden völlig unerwartet zum Teil schwer verletzt“, so Gabel-Pfisterer. Nach wie vor besorgniserregend sei mit fast 40 Prozent der hohe Anteil von Kindern und Jugendlichen unter den Verletzten, wobei besonders häufig Kinder unter 12 Jahren betroffen sind. „Wie die Kinder an Feuerwerkskörper kommen, sollte hinterfragt werden“, meint die Augenärztin. Einige Kinder verletzen sich an Böllern, die sie am Neujahrstag aufsammeln. „Eltern sollten ihren Nachwuchs rechtzeitig über die Gefahren aufklären, die damit verbunden sind“, rät Gabel-Pfisterer.

Augenverlust mit schwerwiegenden Konsequenzen
Treffen kann es prinzipiell jeden, der sich außerhalb geschützter Räume aufhält. „Am vergangenen Jahreswechsel mussten wir zum ersten Mal eine Augenverletzung bei einem Rettungssanitäter, der im Einsatz getroffen wurde, dokumentieren“, berichtet Professor Dr. med. Hansjürgen Agostini, Leitender Oberarzt an der Universitäts-Augenklinik Freiburg. Erneut mussten die Augenärzte und Augenärztinnen verletzte Augen entfernen – mit allen Konsequenzen, die daraus resultieren. „Der Sehverlust, die kosmetische Entstellung und psychische Folgen können zu schweren Beeinträchtigungen und zum Verlust des Arbeitsplatzes führen“, berichtet Agostini.

Im Freien besser geschlossene Schutzbrille tragen
Um solche Katastrophen abzuwenden, ruft die DOG zur Vorsicht im Umgang mit Feuerwerk auf. „Familien mit Kindern bleiben am besten im Haus“, rät der DOG-Experte. „Wer ins Freie oder auf den Balkon geht, sollte eine geschlossene Schutzbrille etwa aus dem Baumarkt oder eine Skibrille tragen, um das Gröbste abzuwehren.“ Die Fachgesellschaft fordert zudem mehr Aufklärung – die DOG stellt Plakate zur Verfügung und verweist auf die Niederlande und Finnland. „Dort konnte durch Informationskampagnen und gesetzliche Regelungen die Anzahl der Verletzungen auf die Hälfte reduziert werden“, betont Agostini. Darüber hinaus wirbt die Fachgesellschaft für öffentlich ausgerichtetes Feuerwerk. „Das sicherste Feuerwerk ist das professionelle“, betont DOG-Generalsekretär Professor Dr. med. Claus Cursiefen.


Notfall Netzhautablösung –
Kurzsichtige bleiben auch nach Laser-Behandlung besonders
gefährdet

Löst sich die Netzhaut des Auges ab, handelt es sich um einen Notfall, der sofort augenärztlich behandelt werden muss. Kurzsichtige Menschen sind besonders häufig davon betroffen – auch nach einer operativen Beseitigung der Kurzsichtigkeit. Warum Lasern oder Linsentausch nicht vor der Gefahr der Netzhautablösung schützen, auf welche Warnzeichen alle Kurzsichtigen achten sollten und welche Behandlungen helfen, erklärt ein Experte der DOG.

Netzhautablösungen beginnen meist mit kleinen Rissen oder Löchern in der Netzhaut. „Sie treten als Folge altersabhängiger Veränderungen im Auge auf“, erklärt DOG-Experte Professor Dr. med. Andreas Stahl. Gelangt durch ein Loch Flüssigkeit unter die Netzhaut, kann sie sich vollständig abheben. „Dann droht Erblindung, falls nicht rechtzeitig mit einer Behandlung begonnen wird“, betont der Direktor der Klinik und Poliklinik für Augenheilkunde an der Universitätsmedizin Greifswald.

Solche rissbedingten Netzhautablösungen nehmen weltweit zu, wie Fachleute registrieren. „Betroffen sind meist Personen über 50 Jahre, Männer häufiger als Frauen“, so Stahl. Zu den Risikofaktoren zählt neben Verletzungen des Augapfels, einer Grauen-Star-Operation und einer familiären Vorgeschichte mit Netzhautablösungen vor allem Kurzsichtigkeit. „Das Risiko steigt mit zunehmender Dioptrienzahl“, erläutert Stahl. „Denn je höher die Kurzsichtigkeit, desto länger ist im Regelfall das Auge. Und in einem langen Auge wirken sich Zugkräfte an der Netzhaut stärker aus.“ Gleichzeitig sind die Wandstrukturen in einem kurzsichtigen Auge häufig dünner und damit anfälliger für Einrisse.

Sehkorrektur könnte das Risiko sogar noch steigern
Eingriffe zur Korrektur der Kurzsichtigkeit können an diesen grundlegenden Mechanismen nichts ändern. „Ein kurzsichtiges Auge bleibt zu lang gebaut, auch wenn man die Hornhaut lasert oder die Linse operiert“, stellt der Experte fest. Das höhere Risiko für einen Einriss der Netzhaut oder eine Netzhautablösung besteht daher auch nach der Korrektur weiter. „Es ist im Gegenteil sogar wahrscheinlich, dass ein Linsenaustausch, der die Kurzsichtigkeit beseitigt, das Risiko für eine Netzhautablösung noch zusätzlich steigert“, betont Stahl.

Deshalb sollten alle Kurzsichtigen die Warnzeichen einer drohenden Netzhautablösung kennen – und bei Bedarf entsprechend handeln. „Wer neue bewegliche schwarze Punkte oder Nebel im Auge sieht, Blitze oder einen Schatten, der immer im selben Bereich des Gesichtsfeldes erscheint oder sogar größer wird, sollte spätestens am nächsten Tag eine Augenärztin oder einen Augenarzt aufsuchen“, rät Andreas Stahl. Eine Untersuchung des Augenhintergrundes mit weitgestellten Pupillen zeigt, ob und wie stark die Netzhaut beeinträchtigt ist.

Spezielle chirurgische Expertise erforderlich
Vom Grad der Netzhautschädigung hängt die Therapie ab. „Solange die Netzhaut noch anliegt, nutzen wir Laser- oder Kälteverfahren, um Risse oder Löcher wieder zu verschließen“, sagt Stahl. Beide Behandlungsmethoden können ambulant praktiziert werden. „Komplizierter wird es, sollte sich die Netzhaut schon abgelöst haben“, fügt der DOG-Experte hinzu. „Dann sind komplexere Eingriffe notwendig.“ Diese Operationen erfordern einen stationären Klinikaufenthalt und eine spezielle chirurgische Expertise.

Zur Wahl stehen verschiedene Operationsverfahren: Die Netzhaut kann mit einer Plombe aus weichem Kunststoff, einer Gasblase oder einem Kunststoffband wieder angelegt werden – oder mit einem Eingriff, bei dem der Glaskörper entfernt wird, um die Netzhaut anschließend mit Laser und einer vorübergehenden Tamponade aus Gas oder Silikonöl zu fixieren. „Wurde die Ablösung schnell erkannt, bestehen meist sehr gute Heilungschancen“, resümiert Stahl. Ging dagegen viel Zeit verloren, drohen Sehverlust und möglicherweise eine erneute Netzhautablösung. Es sei daher wichtig, so das Fazit des DOG-Experten, sich beim Auftreten von Lichtblitzen oder zunehmenden Verschattungen frühzeitig augenärztlich untersuchen zu lassen.


Augenschutz beim Fahrradfahren – Experte rät zu Brille mit Seitenschutz und UV-Filter

Schätzungsweise 40 Prozent aller Bundesdeutschen fahren regelmäßig Rad. Steigen die Temperaturen im Frühling, wächst auch wieder die Lust auf längere Touren mit Citybike & Co. Doch nicht nur Sonne und Wind, sondern vor allem Insekten und Stürze können den Augen gefährlich werden. Professor Dr. med. Gerd Geerling, gibt Tipps, wie man die Augen beim Fahrradfahren am besten schützt.

Sonne und Wind sind zwei Faktoren, die alle Radfahrenden kennen und auf die manche empfindlich reagieren. „Die größte Gefahr für die Augen beim Radfahren ist jedoch, dass im Sommer ein Insekt ins Auge fliegt“, sagt DOG-Experte Geerling. Die meisten Menschen reagieren mit einem Schreck und unwillkürlichen Wischbewegungen am Auge, um den Fremdkörper wieder loszuwerden. „Dann läuft man Gefahr, vom Rad zu stürzen. Und wir sehen in der Praxis, dass ein Sturz dann zu schweren Verletzungen auch des Auges führen kann“, betont Geerling.

Auge mit sauberem Trinkwasser spülen
Der Direktor der Universitäts-Augenklinik Düsseldorf rät daher bei einer Insekten-Kollision zur Besonnenheit. „Nicht weiter ins Auge fassen und sofort anhalten, wenn möglich“, empfiehlt Geerling. „Hilfreich ist in einer solchen Situation auch, das Auge beispielsweise mit sauberem Trinkwasser zu spülen.“ In der Regel sollte der Kontakt mit dem Insekt am nächsten Tag kein Problem mehr für das Auge darstellen.
Besser noch, man lässt es erst gar nicht so weit kommen und verhindert das Eindringen eines Fremdkörpers mit einer Brille, etwa einer Sonnenbrille. Wer viel mit dem Drahtesel unterwegs ist, kann sich eine besonders angepasste Fahrradschutzbrille aus splitterfreiem Kunststoff anschaffen, die mit einem UV-Filter und speziellem Seitenschutz ausgestattet ist. „So schützt man sich nicht nur vor Fliegen, sondern auch vor unfallbedingten Schäden am Auge, vor Zugluft und vor UV-Strahlung, die über sehr lange Zeit auch den grauen Star fördert“, so Geerling.

Giftige Brennhaare können sich in der Hornhaut festsetzen
Darüber hinaus ist man vor unangenehmen Begegnungen etwa mit Eichenprozessionsspinnern sicher. Die kleinen Schmetterlingsraupen, die sich aufgrund des Klimawandels auch in Norddeutschland immer stärker verbreiten, halten sich an Eichenstämmen auf und entwickeln ab Mai Brennhaare, die das Nesselgift Thaumetopoein enthalten. Jedes Tier trägt etwa 600.000 dieser feinen Härchen – ein kleiner Windstoß genügt, um sie abzubrechen und bis zu hundert Meter durch die Luft zu wirbeln. „Die fast unsichtbaren Härchen können so unter anderem in die Bindehaut oder Hornhaut des menschlichen Auges eindringen“, sagt Geerling.
Ihr Gift kann dort schmerzhafte Bindehautentzündungen auslösen. Betroffene sollten sich deshalb auf keinen Fall die Augen reiben. Auch hier gilt: Die Augen am besten mit sauberem Wasser spülen. Und: „Bei anhaltenden Symptomen wie Rötung eines Auges, bei Fremdkörpergefühl, Tränen, Jucken und starken Schmerzen den Augenarzt oder die Augenärztin aufsuchen“, rät der DOG-Experte.

Notfalldosis an Tränenersatzmittel oder antiallergischen Tropfen
Deshalb: Radbrille aufsetzen! Sie hilft auch allen, die schnell unter tränenden Augen oder einem instabilen Tränenfilm leiden, unter sogenannten trockenen Augen – letzteres ist bei etwa zehn Millionen Menschen in Deutschland der Fall. „Wer sich mit trockenen Augen in warmer Luft mit viel Wind bewegt, dessen Augen können gereizt reagieren“, erläutert Geerling. Radfahrende mit Office-Eye-Syndrom sollten daher eine Ration an Tränenersatzmittel mitführen.
Ähnliches gilt für Pollenallergiker und Pollenallergikerinnen, die mit verklebten Augen am Morgen aufwachen. „Unbedingt eine Notfalldosis antiallergische Augentropfen auf die Radtour mitnehmen“, so Geerling. Kontaktlinsenträgerinnen und Kontaktlinsenträger wiederum sind gut beraten, zusätzlich Nachbenetzungsmittel zu verwenden. Und für alle gilt: „Sollten sich beim Radfahren Schmerzen, Augenrötung oder Sehverschlechterung einstellen: die Beschwerden unbedingt ernst nehmen und zum Augenarzt oder zur Augenärztin gehen“, betont der Vize-Präsident der DOG.


Kontaktlinsenbehälter sind Bakterienfallen – Gefahr der Augeninfektion

Mindestens 3,4 Millionen Menschen in Deutschland tragen Kontaktlinsen. Angenehmer Tragekomfort dürfe jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Sehhilfen ein Fremdköper im Auge bleiben, die das Risiko für teils schwere Infektionen der Hornhaut erhöhen. Darauf weisen Experten der DOG hin. Wie sich Kontaktlinsenträger*innen vor zunehmend häufiger vorkommenden Erregern wie Pilzen und Amöben am besten schützen, berichtet Professor Dr. med. Gerd Geerling auf der Pressekonferenz zur DOG 2023.

Auf jeder gesunden Augenoberfläche existieren Infektionserreger, etwa Bakterien und Viren. „Ein intakter Tränenfilm und ein dichter oberflächlicher Zellverband der Hornhaut halten die Keime jedoch vom Eindringen ins Auge ab“, erläutert DOG-Experte Professor Dr. med. Gerd Geerling. Wer nun Sehfehler – ob Kurzsichtigkeit, Weitsichtigkeit oder Hornhautverkrümmung – oder auch Narben mithilfe von Kontaktlinsen korrigiert, legt die runden Haftschalen auf genau diese schützende Schicht aus Tränenfilm und Hornhaut.

„Kontaktlinsen stellen damit immer einen risikobehafteten Fremdkörper im Auge dar“, betont der Direktor der Klinik für Augenheilkunde am Universitätsklinikum Düsseldorf. Denn die Haftschale verändert die Sauerstoffversorgung und Befeuchtung der Augenoberfläche mit Tränenfilm und kann zunächst mikroskopisch kleine Schäden an der Hornhaut auslösen. „In der Regel verheilen diese Verletzungen zwar ganz unproblematisch wieder“, so Geerling. „Sie können aber auch Schmerzen auslösen und die Eintrittspforte für Infektionserreger sein.“

Insbesondere bei Träger*innen weicher Kontaktlinsen finden sich neben regulären Bakterien auch seltene Infektionserreger wie Amöben und Pilze. „Diese Erreger kommen – womöglich auch bedingt durch klimatische Änderungen in unseren Breiten – heute zunehmend häufiger vor und können teils sehr schwere Infektionserkrankungen der Hornhaut und des Augeninneren auslösen, die eine monatelange Behandlung mit Augentropfen und Tabletten erfordern“, erklärt Geerling. Bei besonders schweren Verläufen könne eine Hornhauttransplantation oder im schlimmsten Fall sogar die Entfernung eines Auges notwendig werden.

Um solche Infektionen zu vermeiden, sollten sich Kontaktlinsenträger*innen strikt an die Pflegevorschriften des Herstellers halten und einige Verhaltensregeln beachten. „Bevor man mit den Haftschalen in Berührung kommt, stets die Hände waschen“, rät Geerling. An den Kontaktlinsen selbst sammeln sich mit der Zeit Schmutz und Keime. „Deshalb ist die tägliche Desinfektion mit der vorgeschriebenen Reinigungs- und Aufbewahrungsflüssigkeit enorm wichtig“, betont der Augenarzt. Zusätzlich rät Geerling zur manuellen Reinigung: „Dazu die Kontaktlinsen auf die gereinigte Handinnenfläche legen und einige Tropfen Reinigungsmittel sanft mit der Fingerspitze auf der Linse verreiben, danach die Linsen mit Kochsalzlösung abspülen.“ Ist eine Kontaktlinse beschädigt oder verschmutzt, sofort entsorgen.

Doch auch im Kontaktlinsenaufbewahrungsgefäß können sich Bakterien vermehren. „Sie können dort einen Biofilm bilden, eine Art vom Erreger selbst hergestellten Schleim, eine richtige Bakterienfalle“, sagt Geerling. Wichtig dabei ist: Niemals mit Leitungswasser reinigen – weder Behälter noch Kontaktlinsen. „Leitungswasser ist nicht steril, es enthält Mikroorganismen, Metallpartikel, Chlor und andere Stoffe“, erläutert Geerling. „Wer Haftschalen damit reinigt oder darin aufbewahrt, riskiert, dass sich Keime an der Linse festsetzen.“ Am besten ist es, den Behälter mit der Desinfektionslösung auszuspülen und an der Luft trocknen zu lassen. Nach drei Monaten sollte das Gefäß gegen ein neues ausgetauscht werden.

Sogar bei Tageslinsen, die täglich weggeworfen und neu eingesetzt werden, ist die Infektionsgefahr erhöht. „Das gilt insbesondere für den Fall, dass sie länger als empfohlen getragen werden, zum Beispiel ununterbrochen durch die Nacht“, sagt Geerling. Vom Schwimmen mit Kontaktlinsen in natürlichen Gewässern rät der Experte ganz ab: „Damit reduziert man das Risiko für eine Infektion mit Akanthamöben, die eine schwerwiegende Hornhautentzündung hervorrufen können.“

Zeigen sich allergische Reaktionen, Beschwerden wie Sehminderung, Sekretabsonderung, Rötung oder Schmerzen, sollten Augenarzt oder Augenärztin konsultiert werden. „Sie entscheiden auch, ob die Linsen weiterhin getragen werden können oder ob etwa bei einer Tropfbehandlung eine Kontaktlinsenkarenz einzuhalten ist“, so der DOG-Experte.