Die Diabetische Retinopathie – Vorsorge hilft!


Gefährliche Folgeerkrankung des Diabetes
Wenn der Diabetes das Augenlicht gefährdet

8,5 Millionen Menschen in Deutschland leben mit einem Diabetes mellitus – und die Zahl der Betroffenen wächst weiter. Entsprechend nimmt auch die Zahl der diabetischen Folgeschäden zu, die neben Nieren, Nerven und Herz-Kreislaufsystem vor allem auch die Augen betreffen können. Rund jeder fünfte Mensch mit Diabetes weist bereits mehr oder weniger stark ausgeprägte Anzeichen für eine diabetische Retinopathie auf. Die durch die Zuckerkrankheit bedingte Netzhauterkrankung ist eine der häufigsten Ursachen für den Verlust des Sehvermögens; rund zehn Prozent der Erblindungsfälle in Deutschland gehen auf sie zurück, das entspricht rund 2000 Menschen pro Jahr.

Wie kommt es zur diabetischen Retinopathie?
Bei einem Diabetes mellitus ist die körpereigene Blutzuckerregulation gestört, die Glukosekonzentration im Blut ist daher dauerhaft erhöht. Selbst wenn der Diabetes medikamentös behandelt wird, kann der Blutzuckerspiegel starken Schwankungen unterliegen, und es gelingt nicht immer, Blutzuckerspitzen zu vermeiden. Bei einem lange Jahre bestehenden oder schlecht eingestellten Diabetes schädigen die hohen Blutzuckerkonzentrationen die feinen Blutgefäße im ganzen Körper. Auch die Gefäße in der Netzhaut des Auges – der Retina – können von dieser so genannten Mikroangiopathie betroffen sein. Dann spricht man von einer diabetischen Retinopathie.
Im Verlauf der Erkrankung verschließen sich einige der feinen Blutgefäße, die die Netzhaut versorgen; andere bilden kleine Aussackungen (Mikroaneurysmen) und werden undicht, sodass Flüssigkeit in das umliegende Gewebe austreten kann. Dadurch können sich Schwellungen und Ablagerungen in der Netzhaut bilden. Zusammen führen diese Vorgänge dazu, dass die Sehzellen in der Netzhaut nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt werden und so einen Funktionverlust erleiden.

Proliferative und nicht-proliferative Retinopathie
Die diabetische Retinopathie ist eine schleichende Erkrankung. Die oben beschriebenen Gefäßveränderungen stellen die erste Stufe der Netzhautschädigung dar, die als nicht-proliferative diabetische Retinopathie bezeichnet wird. Im weiteren Verlauf geht die Erkrankung in die proliferative Phase über: Die zunehmend schlechtere Durchblutung der Netzhaut führt dazu, dass der Körper – quasi in Notwehr – neue Blutkapillaren in die betroffenen Bereiche einsprossen lässt. Doch auch dieses Gefäßwachstum (Gefäßproliferation) kann die Versorgung der bedrohten Netzhautzellen nicht wiederherstellen: Die neuen Gefäße sind dünnwandig und reißen leicht, sodass es zu Einblutungen in die Netzhaut kommen kann. Durch weitere Vernarbungen kann es im Verlauf auch zu Netzhautablösungen kommen. Nicht selten sprossen die neuen Gefäße auch in den Glaskörper im Augeninneren ein und beginnen, diesen durch Einblutungen zu trüben. Diese Prozesse können zu einer deutlichen Einschränkung des Sehvermögens bis hin zur Erblindung führen.

Makulopathie
Auch die Stelle des schärfsten Sehens in der Mitte der Netzhaut, auch gelber Fleck oder Makula genannt, kann durch die diabetische Retinopathie in Mitleidenschaft gezogen werden. Dann spricht man von einer Makulopathie. Veränderungen in diesem Netzhautbereich haben besonders gravierende Folgen, weil sie sehr rasch zu deutlichen Sehverlusten führen und unter anderem die Lesefähigkeit der Betroffenen einschränken. Bei den Veränderungen im Bereich der Makula handelt es sich meist um eine chronische Schwellung (Makulaödem), die durch den Flüssigkeitsaustritt aus den krankhaften, undichten Netzhautgefäßen verursacht wird. Da die Schwellung die Durchblutung der Makula stört, können unbehandelt mit der Zeit die Sehzellen in diesem wichtigsten Bereich der Netzhaut zugrunde gehen – ein wenn es soweit kommt unumkehrbarer Prozess, der zu einem bleibenden Verlust der Sehschärfe führt.

Welche Beschwerden verursacht eine diabetische Retinopathie?
Im nicht-proliferativen Stadium ohne Makulaödem verursacht die diabetische Retinopathie meist noch keine Sehstörungen und bleibt daher oft unbemerkt. Je nach Lage, Zahl und Ausmaß der Mikroaneurysmen und Einblutungen kann es jedoch auch hier bereits zu einer Sehverschlechterung kommen.
Im Stadium der proliferativen Retinopathie verschlechtert sich das Sehvermögen deutlicher, das Bild wird verschwommen oder verzerrt, Farben können blasser wirken, auch kann das Gesichtsfeld eingeschränkt sein. Einblutungen in den Glaskörper können als schwarze Punkte im Gesichtsfeld wie ein Rußregen, wahrgenommen werden. Oft sehen die Betroffenen auch dunkle Schleier.
Im Falle einer Netzhautablösung können auch Lichtblitze und Verdunklungen wahrgenommen werden – Rußregen und Lichtblitze sollten als Warnsignale sehr ernst genommen und umgehend augenärztlich abgeklärt werden!

Welche Untersuchungen nimmt der Augenarzt vor?
In der augenärztlichen Praxis wird in der Regel zunächst die Sehstärke gemessen. Bei stark schwankendem Blutzuckerspiegel ist auch die Sehstärke Schwankungen unterworfen. Daher sollte die Diabetes-Einstellung vor der Untersuchung möglichst stabil sein.
Mithilfe einer Augenspiegelung wird der Arzt oder die Ärztin dann den Augenhintergrund kontrollieren. Auch wenn die Retinopathie noch keine Symptome verursacht, können sich bei der Augenspiegelung bereits erste Veränderungen an der Netzhaut zeigen. Menschen mit Diabetes sollten daher mindestens alle zwei Jahre augenärztlich untersucht werden, bei Bedarf auch häufiger.

Wie läuft die Augenspiegelung ab?
Zunächst wird die Pupille mithilfe spezieller Augentropfen weitgestellt, um einen besseren Blick ins Auge zu ermöglichen. Dann untersucht der Augenarzt oder die Augenärztin den Augenhintergrund mithilfe eines elektrischen Augenspiegels (Ophthalmoskop) oder eines speziellen Stereomikroskops, der sogenannten Spaltlampe. Mikroaneurysmen, Einblutungen und Ablagerungen lassen sich mit diesen Untersuchungsmethoden ebenso wie Veränderungen im Bereich der Makula gut und frühzeitig erkennen.

Sind weitere Untersuchungen nötig?
Je nach Ergebnis der Augenspiegelung und dem Schweregrad der beobachteten Veränderungen können noch weitere Untersuchungen erforderlich sein. Bei fortgeschrittenen Netzhautveränderungen wird häufig noch der Augeninnendruck gemessen. Zeigen sich bereits Veränderungen im Bereich der Makula, ist eine detailliertere Aufnahme der Netzhautgefäße angeraten, eine so genannte Angiographie. Hierfür bekommt der Patient über die Armvene einen fluoreszierenden Farbstoff gespritzt, der sich bis in die Kapillaren der Netzhaut ausbreitet und sie bei der Untersuchung deutlicher erkennen lässt.
Um ein Makulaödem besser beurteilen und genau vermessen zu können, kann eine optische Kohärenztomographie (OCT) sinnvoll sein. Diese Methode erlaubt es auch, Anheftungen des Glaskörpers im Bereich der Makula zu erkennen und die Therapie entsprechend zu planen. Mithilfe wiederholter OCT-Untersuchungen lässt sich die Entwicklung des Ödems während und nach der Therapie beobachten, sodass bei neuerlichen Verschlechterungen rasch reagiert werden kann. Allerdings handelt es sich bei der OCT noch nicht um eine Kassenleistung; die Untersuchung muss also vom Patienten selbst bezahlt werden.

Wie lässt sich eine diabetische Retinopathie behandeln?
Sind durch die krankhaften Netzhautveränderungen erst einmal Sehzellen verlorengegangen, können diese sich nicht wieder regenerieren; einmal dadurch erlittene Einschränkungen des Sehvermögens bleiben daher in der Regel auch unter einer Therapie bestehen. Allerdings kann eine frühzeitige Therapie das Fortschreiten der diabetischen Retinopathie verlangsamen oder gar aufhalten und damit die Gefahr einer Erblindung deutlich verringern.
Wenn Gefäßneubildungen aufgetreten sind, können diese mithilfe einer Laserbehandlung aufgehalten und zur Rückbildung gebracht werden.. Diese auch als Laserkoagulation bezeichnete Behandlung wird unter örtlicher Betäubung durchgeführt, dauert nur wenige Minuten und kann ambulant vorgenommen werden.

Welche Medikamente und Operationsmethoden gibt es?
Bei schwereren Verläufen kann auch eine aufwändigere Operation am Auge notwendig werden: Kommt es bei der proliferativen Retinopathie etwa zur Einblutung in den Glaskörper, muss dieser unter Umständen entfernt werden, um das Sehvermögen zu erhalten. Dieser Eingriff wird als Vitrektomie bezeichnet.
Bei einer Makulopathie kann die Injektion von Medikamenten in den Glaskörper dabei helfen, das Fortschreiten der Erkrankung zu bremsen. Durch eine solche intravitreale Therapie lässt sich die für das Makulaödem typische Schwellung gut beeinflussen, auch das Einsprossen neuer Blutgefäße in die Makula kann gehemmt werden.

Wie lässt sich der diabetischen Retinopathie vorbeugen?
Für die Augengesundheit sind hauptsächlich zwei Werte von Bedeutung: der Blutzuckerspiegel und der Blutdruck. Diabetiker sollten daher immer auf eine gute Zuckereinstellung achten. Der HbA1c-Wert, der als Maß für die langfristige Blutzuckerkonzentration gilt, sollte möglichst unterhalb von 7 Prozent liegen. Auch beim Blutdruck sollten mit dem Arzt besprochene individuelle Werte nicht überschritten werden. Regelmäßige Bewegung, eine ausgewogene Ernährung und der Abbau von Übergewicht tragen dazu bei, sowohl die Blutzuckereinstellung als auch den Blutdruck zu verbessern.
Weil auch Rauchen die Blutgefäße schädigt, sollte auf Tabakkonsum möglichst vollständig verzichtet werden.