Das Glaukom, umgangssprachlich auch „Grüner Star“ genannt, ist eine weit verbreitete und schwerwiegende Erkrankung des Auges.
In Deutschland sind über 900.000 Menschen von ihr betroffen. Die bekannteste und wichtigste Ursache für das Glaukom ist ein erhöhter Augeninnendruck. Dieser Risikofaktor – den etwa drei Millionen Menschen in Deutschland aufweisen – ist jedoch keine notwendige Voraussetzung für die Entstehung eines Glaukoms. Auch bei normalem Augeninnendruck können die für die Erkrankung typischen Schädien am Sehnerv auftreten, die unbehandelt zur Erblindung führen können. Das Glaukom ist für rund 15 Prozent der Erblindungsfälle in Deutschland verantwortlich und ist damit die zweithäufigste Ursache für den Verlust der Sehfähigkeit.
Was versteht man unter einem Glaukom?
Das Glaukom ist keine einheitliche Erkrankung, sondern fasst unterschiedliche Störungen zusammen, denen eines gemeinsam ist: Sie führen zu einer Schädigung des Sehnerven, dessen empfindliche Nervenfasern im Verlauf der Erkrankung absterben. Der Begriff Glaukom beschreibt daher eigentlich ein klinisches Zeichen – die Schädigung des Sehnervs –, dessen Ursachen sehr vielfältig sein können. Je nach Ursache unterscheidet man verschiedene Formen des Glaukoms.
Offenwinkelglaukom
Das Offenwinkelglaukom ist die mit Abstand häufigste Form des Glaukoms. Seine Ursache liegt in einem Ungleichgewicht zwischen der Produktion und dem Abfluss von Kammerwasser: Diese Körperflüssigkeit wird im vorderen Bereich des Auges im sogenannten Ziliarkörper gebildet und sorgt normalerweise für den Transport von Nährstoffen zu den Geweben im Augeninneren, wie der Netzhaut, Linse und Hornhaut, sowie den Abtransport möglicher schädlicher Substanzen. Bei einem Offenwinkelglaukom ist meistens der Abfluss des Kammerwassers aber reduziert, sodass der Augeninnendruck übermäßig ansteigt.
Der Abflussbereich für das Kammerwasser befindet sich im sogenannten Kammerwinkel in der Vorderkammer des Auges, wo Hornhaut und Regenbogenhaut (Iris) aufeinandertreffen. Bei einem Offenwinkelglaukom ist dieser Bereich zwar normal groß, also „offen“. Das aufnehmende Gewebe am Rand der Augenkammer – das sogenannte Maschenwerk – ist jedoch nicht durchlässig genug, um überschüssiges Kammerwasser abfließen zu lassen.
Der erhöhte Augeninnendruck, der sich hierdurch aufbaut, kann die zarten Fasern des Sehnerven schädigen. Besonders empfindlich sind diese an der sogenannten „Papille“ – der Stelle im Augenhintergrund, an der die Sehnervfasern den Augapfel verlassen und in Richtung Gehirn ziehen.
Normaldruckglaukom
Wie der Name es andeutet, ist der Augeninnendruck bei Patientinnen und Patienten mit einem Normaldruckglaukom nicht erhöht. Vermutlich geht die Schädigung des Sehnerven in diesen Fällen auf eine gestörte Durchblutung zurück. Auslöser hierfür kann ein sehr niedriger oder stark schwankender Blutdruck sein. Häufig haben die Betroffenen daher auch Symptome, die nicht das Auge betreffen wie schlecht durchblutete, kalte Hände und Füße oder ein Tinnitus, die ebenfalls auf eine unzureichende Blutversorgung zurückgehen können.
Winkelblockglaukom/Glaukomanfall
Bei einem Winkelblockglaukom ist der Kammerwinkel mechanisch blockiert – meist weil Regenbogenhaut und Hornhaut so eng aneinanderliegen, dass sie den Zugang verlegen. Das Kammerwasser kann das drainierende Gewebe im Kammerwinkel daher gar nicht erst erreichen – im Gegensatz zum Offenwinkelglaukom, bei dem lediglich der Abfluss durch das Gewebe gestört ist.
Das Winkelblockglaukom ist relativ selten. Es ist zudem die einzige Glaukomform, die sich sehr schnell entwickelt: Der Augeninnendruck steigt plötzlich stark an und es kommt zu akuten Beschwerden wie Sehstörungen, Augen- und Kopfschmerzen, mitunter auch Übelkeit und Erbrechen. Das Winkelblockglaukom wird daher auch als Glaukomanfall bezeichnet. Ohne Behandlung kann ein Winkelblockglaukom innerhalb von Tagen zu einer dauerhaften Beeinträchtigung des Sehvermögens führen.
Sekundärglaukom
Von einem Sekundärglaukom sprechen Augenärztinnen und Augenärzte, wenn der Augeninnendruck aufgrund einer anderen Erkrankung des Auges erhöht ist. So können etwa Verletzungen oder Entzündungen im Auge den Kammerwasserabfluss stören. Auch im Verlauf eines Diabetes mellitus kann es zu Netzhautschäden kommen, die die Entstehung eines Glaukoms begünstigen.
Wie häufig ist das Glaukom?
Das Glaukom ist eine weit verbreitete Erkrankung, von der in Deutschland über 900.000 Menschen betroffen sind. Die Häufigkeit des Glaukoms nimmt dabei mit dem Alter zu: Von rund einem Prozent bei Menschen in ihren 50ern bis hin zu zehn Prozent bei den Über-90-Jährigen. Jeder zehnte Hochbetagte weist somit Schäden am Sehnerv auf.
Welche Risikofaktoren gibt es?
Neben dem Alter sind eine Reihe weiterer Risikofaktoren für die Entstehung eines Glaukoms bekannt. Der wichtigste ist der erhöhte Augeninnendruck. Aber auch bei familiär gehäuften Glaukomfällen, starker Kurzsichtigkeit ab -5 Dioptrien und bei Menschen mit schwarzer Hautfarbe besteht ein erhöhtes Glaukomrisiko.
Ein Diabetes mellitus stellt keinen eigenständigen Risikofaktor für die Entstehung eines Glaukoms dar. Menschen mit Diabetes, die aufgrund ihrer Zuckerkrankheit bereits Veränderungen an der Netzhaut – eine so genannte diabetische Retinopathie – aufweisen, haben jedoch auch ein erhöhtes Glaukomrisiko.
Wie macht sich ein Glaukom bemerkbar?
In den meisten Fällen entwickelt sich ein Glaukom schleichend und zunächst völlig symptomlos; mit Ausnahme des Winkelblockglaukoms verläuft die Erkrankung zudem völlig schmerzfrei. Die Sehnervenschädigung kann lange Zeit voranschreiten, ohne dass die Betroffenen Einschränkungen ihres Sehvermögens wahrnehmen. Häufig werden sie erst dann bemerkt, wenn auch die zentrale Sehschärfe abnimmt. Dann ist jedoch ein großer Teil der Sehnervenfasern und des Gesichtsfelds bereits unwiederbringlich verlorengegangen. Umso wichtiger ist es, ein Glaukom frühzeitig zu erkennen und zu behandeln – dann lässt sich der Verlust des Sehvermögens deutlich verlangsamen oder sogar aufhalten.
Wie läuft eine Früherkennungsuntersuchung ab?
Lange bevor das Glaukom sich durch Beschwerden bemerkbar macht, kann der Augenarzt oder die Augenärztin die typischen Veränderungen bereits im Rahmen einer Früherkennungsuntersuchung feststellen. Auch Risikofaktoren wie ein erhöhter Augeninnendruck (über 21 mmHg) können diagnostiziert werden.
Während das Glaukom früher fast regelhaft mit einem erhöhten Augeninnendruck in Verbindung gebracht wurde, weiß man heute, dass ein Glaukom sich auch bei normalem Augendruck (zwischen 10 und 21 mmHg) entwickeln kann. Neben einer Messung des Augeninnendrucks ist daher eine Untersuchung des Sehnerven unerlässlich, um das Vorliegen eines Glaukoms zu beurteilen. Der Sehnerv wird z. B. mithilfe eines speziellen Stereomikroskops, der sogenannten Spaltlampe, untersucht. Bei dieser schnellen und völlig schmerzfreien Untersuchung kann eine Schädigung bereits in einem frühen Stadium erkannt werden. Ab dem 40. Geburtstag sollte man das Angebot einer regelmäßigen augenärztlichen Früherkennungsuntersuchung daher unbedingt wahrnehmen.
Was passiert im Verdachtsfall? Welche Untersuchungen können noch notwendig sein?
Findet die Augenärztin oder der Augenarzt glaukomtypische Sehnervenveränderungen, sollte auch eine Gesichtsfelduntersuchung vorgenommen werden. Im Rahmen dieser als Perimetrie bezeichneten Untersuchung können kleine, Ausfälle des Gesichtsfelds erkannt werden, die der Patient selbst meist noch nicht bemerkt. Solche Ausfälle sind typisch für das Frühstadium eines Glaukoms. Weil sie meist nicht das Zentrum des Sehfelds betreffen, werden sie vom Gehirn „überspielt“ – ein Grund, warum die Erkrankung lange unbemerkt verläuft.
Im Verlauf der nachgewiesenen Erkrankung wird das Gesichtsfeld und die Papille regelmäßig kontrolliert und der Sehvern dabei auch mit modernen Methoden untersucht. Zu diesen Methoden – die ebenfalls völlig schmerzfrei sind – zählen die Heidelberg Retina Tomographie (HRT) und die Optische Cohärenz-Tomographie (OCT).
Bei erhöhtem Augeninnendruck kann es auch sinnvoll sein, den Kammerwinkel im vorderen Bereich des Auges zu untersuchen. Hierfür wird ein sogenanntes Kontaktglas auf die Hornhaut aufgesetzt, durch das der Augenarzt oder die Augenärztin den Kammerwinkel stark vergrößert sehen kann. Die Hornhaut wird hierfür kurzzeitig mit Tropfen betäubt.
Wie wird das Glaukom behandelt?
Für die Behandlung des Glaukoms steht ein breites Spektrum an Methoden zur Verfügung. Die individuelle Therapie richtet sich dabei nach der Ursache des Glaukoms.
Die meisten Betroffenen profitieren von Medikamenten, die den Augeninnendruck senken. Zu den wichtigsten Wirkstoffen zählen hier Beta-Blocker, Prostaglandine, Alpha-Agonisten und Carboanhydrase-Hemmer. Diese werden meist als Augentropfen gegeben. Bei einem akuten Glaukomanfall (Winkelblockglaukom) können verschiedene Wirkstoffe auch eingenommen oder als Infusion verabreicht werden. Außerdem können in diesem Fall zusätzlich Augentropfen hilfreich sein, die eine Engstellung der Pupille bewirken. Hierdurch wird die Iris aus dem Kammerwinkel gezogen und die mechanische Blockade verringert.
Während ein Winkelblockglaukom immer auch operativ behandelt wird, ist dies bei den anderen Glaukomformen nur dann notwendig, wenn die medikamentöse Therapie alleine nicht zur Besserung führt oder nicht vertragen wird. Dann kann auch der Augeninnendruck auch durch einen Lasereingriff oder eine Operation gesenkt werden. Dabei wird meist eine neue Abflussmöglichkeit für das Kammerwasser geschaffen. Es kann jedoch auch das Gewebe verödet werden, in dem das Kammerwasser produziert wird. Welche Therapie geeignet ist, wird der Operateur im individuellen Fall entscheiden und mit der Patientin oder dem Patienten besprechen.
Generell gilt: Je früher die Glaukom-Therapie beginnt, desto besser sind die Chancen, den Krankheitsverlauf positiv zu beeinflussen und weitere Schäden am Sehnerv zu verhindern. Bestehende Schäden können nicht mehr behoben, bereits entstandene Gesichtsfeldverluste nicht mehr rückgängig gemacht werden. Umso wichtiger ist es, ab dem mittleren Lebensalter das Angebot einer jährlichen augenärztlichen Glaukom-Vorsorge wahrzunehmen.