München – Prozesse in und zwischen Zellen der Netzhaut erfolgen auf Signalwegen und Reaktionsketten, die an vielen Stellen durch unterschiedliche Faktoren beeinflusst werden. Dies gilt auch für die Blutgefäßneubildung im Auge. Eine grundlagen-wissenschaftliche Studie von Julia Rapp et al. konnte jetzt zeigen, dass der Faktor Onkostatin M (OSM) des Signalwegs STAT3 begünstigend auf die Blutgefäßneubildung und somit auf einige Netzhauterkrankungen des Auges wirkt. Der Faktor CNT hat hingegen einen schwächenden Einfluss auf die Gefäßneubildung. Der STAT3-Signalweg der Zelle und seine beteiligten Faktoren ist ein attraktives Ziel für potenzielle neue Therapien. Experten der Stiftung Auge heben daher die Bedeutung dieser Arbeit besonders hervor, wofür Julia Rapp der diesjährige Wissenschaftspreis der Stiftung Auge verliehen wurde.
Die Blutgefäßneubildung, auch Angiogenese genannt, ist ein wichtiger Vorgang im gesunden Auge. Tritt diese jedoch vermehrt und unkontrolliert auf, ist das häufig Zeichen einer Augenerkrankung wie der altersabhängigen Makuladegeneration (AMD) oder der diabetischen Retinopathie. „Ein besseres Verständnis der Entstehungsmechanismen ist also essenziell, um mögliche neue therapeutische Ziele zu identifizieren“, sagt Professor Dr. med. Frank G. Holz, Vorsitzender der Stiftung Auge. Eine im „Journal of Cell Science“ erschienene Studie von Julian Rapp et al. untersuchte daher den STAT3-Signalweg, der bei der Blutgefäßneubildung im Auge eine Rolle spielt. In dieser Arbeit konnte die Hypothese, dass der Faktor OSM anregend auf die Blutgefäßneubildung, also pro-angiogen, wirkt und der Faktor CNTF anti-angiogen, also hemmend, bestätigt. Die Gruppe um Rapp konnte dies in Angiogenese-Untersuchungen nach standardisierten wissenschaftlichen Kriterien zeigen.
Viele Prozesse in und zwischen den Zellen erfolgen auf Signalwegen, also Reaktionsketten, die an vielen Stellen durch unterschiedliche Faktoren beeinflusst werden. „Einer davon ist der STAT3-Signalweg, der bei der physiologischen Entwicklung des Auges sowie bei vielen Erkrankungen eine entscheidende Rolle spielt“ erklärt Holz. Einige Aktivatoren des STAT3 Signalwegs, wie das IL-6 Zytokin-Familienmitglied OSM, setzen den Vorgang der Blutgefäßneubildung in Gang.
Faktoren beeinflussen neben STAT3 Signalweg auch Transkriptom
Bei näherer Untersuchung stellte sich außerdem heraus, dass die Faktoren OSM und VEGF, der vascular endothelial growth factor, der auch einen entscheidenden Einfluss auf die Blutgefäßneubildung hat, sowie CNTF+R+VEGF, nicht nur auf den STAT3-Signalweg wirken. Sie rufen gemeinsam auch eine Veränderung des Transkriptoms hervor. Das Transkriptom bezeichnet dabei die Gesamtheit der Messenger-RNA, die in der Zelle als Kopie der DNA angefertigt werden. Aus der RNA werden unter anderem Proteine hergestellt, die wichtige Aufgaben in der Zelle übernehmen.
„Solche Grundlagenforschung schließt wichtige Wissenslücken“, so Holz. Kennen Forschende die genauen Akteure in einer Reaktionskette und wissen, wann sich diese wie und unter welchen Umständen verhalten, können Sie mit neuen Medikamenten zielgerichtet in den Mechanismus eingreifen und die Angiogenese und den Krankheitsverlauf positiv beeinflussen.“
Quelle:
Rapp, J., Jung, M., Klar, R. F., Wolf, J., Arnold, J., Gorka, O., … & Bucher, F. (2023). STAT3 signaling induced by the IL-6 family of cytokines modulates angiogenesis. Journal of Cell Science, 136(1), jcs260182.
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